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Interview
"STARKES TEAM – STARKE LEISTUNGEN“"
Heiko Hoffmann, Leiter Investor Relations, im Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden der Hapag-Lloyd AG zur Geschäftsentwicklung des Jahres 2020.
Heiko Hoffmann: Wie zufrieden sind Sie mit dem Verlauf des Geschäftsjahres 2020?
Rolf Habben Jansen: Unser Geschäft war im Jahr 2020 sehr stark durch die Coronavirus-Pandemie bestimmt. Nach einem Einbruch der Transportmengen im zweiten Quartal hatten wir eine unerwartet starke Nachfrage nach Containertransporten ab dem zweiten Halbjahr zu verzeichnen, insbesondere durch einen stark ansteigenden Konsum in den USA und Europa. In Summe blicken wir jedoch auf ein gutes Geschäftsjahr, denn wir haben trotz leicht nachgebender Transportmengen von besseren Frachtraten, niedrigeren Bunkerpreisen und Kosteneinsparungen profitiert und dadurch unser Ergebnis im Vorjahresvergleich sehr deutlich steigern können.
Welche Maßnahmen zur Sicherung des Geschäftsergebnisses haben Sie der Coronavirus-Pandemie entgegengesetzt?
Wir haben unser Performance Safeguarding Program gestartet, mit Kapazitätsanpassungen flexibel auf den Nachfrageeinbruch im zweiten Quartal reagiert und auf der Kostenseite entgegengesteuert: Mit etwa 1.700 Einzelmaßnahmen haben wir rund 500 Millionen US-Dollar im Berichtsjahr eingespart. Zugleich haben wir die Liquidität in der ersten Jahreshälfte zunächst sehr deutlich erhöht, aufgrund der besser als ursprünglich erwarteten Geschäftsentwicklung im zweiten Halbjahr und zu Gunsten eines weiteren Schuldenabbaus dann aber wieder auf 1,2 Milliarden Euro per Jahresultimo zurückgefahren. Darüber hinaus haben wir unsere Digitalisierungskampagne ausgeweitet und unsere Kunden verstärkt über unsere Onlineprodukte informiert – immer dem Gedanken folgend, ihnen das richtige Angebot zum richtigen Zeitpunkt zu machen und dadurch Mehrwert zu schaffen. Mit der unerwartet stark ansteigenden Nachfrage nach Containertransporten im dritten Quartal haben wir alle verfügbaren Schiffs- und Containerkapazitäten in den Markt gegeben. Zugleich haben wir im Jahr 2020 rund 300.000 TEU an neuer Containerkapazität gekauft oder geleased, um die Nachfrage unserer Kunden zu bedienen.
Rolf Habben Jansen, CEO
Welche Auswirkungen hatte die Coronavirus-Pandemie auf Ihren operativen Betrieb und die Mitarbeiter?
Die Coronavirus-Pandemie hat unseren Mitarbeitern eine enorme Flexibilität abverlangt. Da die Sicherheit für uns allerhöchste Priorität hat, haben wir unsere Mitarbeiter ermutigt, wo immer möglich von zu Hause aus zu arbeiten und dafür haben wir in kürzester Zeit die entsprechenden technischen Voraussetzungen geschaffen. Darüber hinaus mussten viele Seeleute leider deutlich länger als ursprünglich geplant an Bord ihrer Schiffe bleiben, da Crewwechsel aufgrund von Reisebeschränkungen in vielen Ländern stark eingeschränkt wurden. Dieses Problem ist nach wie vor nicht zufriedenstellend gelöst und klar ist, dass wir weiterhin nichts unversucht lassen werden, um unsere Kolleginnen und Kollegen so schnell wie möglich wieder sicher an Land zu ihren Familien und Freunden zurückzubringen. Fakt ist auch, dass Seeleute als systemrelevant eingestuft werden sollten, denn sie kümmern sich Tag für Tag und enorm engagiert um die Lieferketten unserer Kunden und leisten dadurch einen unverzichtbaren Beitrag zu einem funktionierenden Welthandel.
Wie hat sich das Marktumfeld auf die Umsetzung Ihrer Strategy 2023 ausgewirkt und welche Fortschritte konnten Sie erzielen?
Wir haben einige Projekte und Investitionen repriorisiert und uns sehr bewusst darauf fokussiert, die Lieferketten unserer Kunden zu sichern. Dabei haben wir unsere Marktposition in strategisch wichtigen Zielmärkten wie Indien und Afrika sowie unsere weltweite Präsenz vor Ort durch neue Büros weiter ausgebaut. Im attraktiven Geschäft mit Kühlcontainern sind wir um mehr als 10 Prozent gewachsen und damit unserem Ziel deutlich nähergekommen, einen Marktanteil von insgesamt 10 Prozent in diesem Segment zu erreichen. Wir haben mehrere Qualitätsversprechen gestartet, an denen wir uns transparent messen lassen, und zugleich unsere Performance in puncto Qualität für unsere Kunden transparent nachvollziehbar gemacht – ganz komfortabel über unser neues Quality Promise Dashboard. Wir haben zudem unser Onlinegeschäft deutlich ausgebaut und die Anzahl der Buchungen über unseren Web Channel im Vergleich zum Vorjahr um gut 40 Prozent auf mehr als 1,3 Millionen TEU gesteigert. Darüber hinaus haben wir unseren Kunden neue Funktionen wie beispielsweise Verschiffungsgarantien zur Verfügung gestellt. Weiterhin haben wir sechs neue Großcontainerschiffe bestellt, mit denen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit im Europa-Fernost-Handel verbessern, unsere Flotte weiter modernisieren und zugleich unseren CO2-Fußabdruck reduzieren.
Heiko Hoffmann, Head of Investor Relations
Wie spiegelt sich das in den Ergebnissen wider und können sich Ihre Aktionäre erneut auf eine Dividende freuen?
Wir haben mit etwa 935 Millionen Euro ein sehr gutes Konzernergebnis erzielt, die Rentabilität auf das investierte Kapital deutlich auf etwa 11 Prozent gesteigert und damit unsere Kapitalkosten im Jahr 2020 mehr als verdient. Zugleich haben wir unsere Finanzschulden im Berichtsjahr um weit mehr als 1 Milliarde Euro reduziert. Mit einem Free Cashflow von mehr als 2 Milliarden Euro und einem Eigenkapital von 6,7 Milliarden Euro blicken wir auf eine sehr stabile Finanz- und Vermögenslage. Unsere Ertragsstärke, unser konsequentes Kostenmanagement und unsere Fortschritte beim Schuldenabbau wurden zudem positiv im Berichtsjahr gewürdigt mit Ratinganhebungen durch Standard & Poor‘s und Moody’s. Von all diesen positiven Ergebnissen und der guten Unternehmensentwicklung sollen auch unsere Aktionäre profitieren, weshalb Vorstand und Aufsichtsrat der Hauptversammlung vorschlagen, eine Dividende in Höhe von 3,50 Euro je Aktie auszuschütten.
Wie wird es im aktuellen Geschäftsjahr 2021 weitergehen?
Auch wenn sich die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds zunächst wieder eintrüben, so liegen die Prognosen für das globale Wirtschaftswachstum und das Welthandelsvolumen deutlich über dem Niveau des Vorjahres. Dies sollte sich auch in einer steigenden Nachfrage nach Containertransporten widerspiegeln. Zugleich bleibt das Angebotswachstum durch einen vergleichsweise geringen Auftragsbestand bei den Schiffsneubauten moderat, sodass Angebot und Nachfrage insgesamt relativ ausgewogen bleiben sollten. Insofern gehen wir im weiteren Jahresverlauf von einer weiteren Normalisierung und graduellen Verbesserung des Marktumfelds aus. Klar ist aber auch, dass die vorliegenden Prognosen aufgrund der Coronavirus-Pandemie mit außergewöhnlich hohen Unsicherheiten behaftet sind. Wir werden unsere Strategy 2023 weiter umsetzen, das Marktumfeld fest im Blick behalten und uns bei Bedarf flexibel anpassen. Dabei werden wir uns weiterhin auf die Lieferketten unserer Kunden fokussieren und Mehrwert für unsere Eigentümer schaffen. Ich bedanke mich bei allen ganz besonders herzlich für die intensive Zusammenarbeit in diesem außergewöhnlichen Geschäftsjahr und das Vertrauen.
Vielen Dank für das Gespräch.